Wann sollte Ihr das Buch lesen?
Die meisten dürften Professor Rieck von seinem YouTube-Kanal kennen. Dort analysiert er einmal wöchentlich tagesaktuelle Geschehnisse unter spieltheoretischen Gesichtspunkten. Ich finde den Begriff Spieltheorie hier allerdings etwas irreführend. Ein anderer (für mich passenderer) Begriff ist „Rationaltheorie“. Bei jeder Entscheidung gibt es ja zumindest theoretisch eine rational beste Entscheidung. Genau diesen Ansatz nimmt Professor Rieck mit und gibt uns in seinem Buch „Anleitung zur Selbstüberlistung“ Einblicke, wie wir das in unseren ganz normalen Alltag der Selbstorganisation und Zeitmanagement übernehmen können.
Ergänzend dazu sind im Buch jede Alltagskniffe zur „Gamification“. Damit werden alle Zocker abgeholt, wie ich eben all die unliebsamen Aufgaben mit Freude versehen kann. Wann macht die Steuererklärung endlich Spaß und wie schaffe ich es, nicht immer so viel Süßigkeiten zu essen?
Das Buch ist kein Standardwerk zur Produktivität. Jeder sollte nach wie vor mit „Getting Things Done“ und „Atomic Habbits“ beginnen. Aber danach ist es wirklich eine wundervolle Ergänzung, die Spaß macht zu lesen! Wünsche viel Spaß, hier nun meine drei Diamanten!
Sei die Direktorin UND der Agent
Mein absoluter Diamant sind die beiden Charakter, die Professor Rieck einführt: Die Direktorin und der Agent. Beides sind wir. Was soll das nun bedeuten?
Die Direktorin sind wir, wenn wir im Planungsmodus sind. Der Klassiker dürfte Neujahr sein. Ich bin voll der guten Vorsätze, schließe eine Fitnessstudio-Mitgliedschaft ab, plane große Triathlon-Wettkämpfe, packe mir den Kalender voll und bin mir ganz sicher im nächsten Jahr wird alles anders. Das Problem ist, wir machen die Rechnung ohne den Agenten.
Der Agent sind auch wir. Und zwar Montags morgens. Oder Dienstags nachmittags. Oder Freitags nachts. Erst recht Freitag nachts. Der Agent sind wir, wenn wir den Planungsmodus verlassen haben und uns durch den Alltag kämpfen. Und – seien wir ehrlich – so als Agent, da sind wir nicht die schlauesten.

Darum ist es die Aufgabe der Direktorin (also uns) die Pläne so zu strukturieren, dass sie auch von dummen Agenten (wie uns) ausgeführt werden kann. Klingt verwirrend? Kurzes Beispiel.
Ins Büro zu uns wird eigentlich ständig Pizza bestellt. Bewerbertag, Lan-Partys, gemeinsame Events – es gibt ständig viele Familienpizzen im Büro. So weit so lecker, stellt mich nur vor eine Herausforderung: Sich abends noch mal ein großer Portion Pizza reinzufahren ist so ziemlich das dümmste was ich machen kann, wenn ich eigentlich am nächsten Morgen um 6 Uhr laufen gehen möchte, um für den Ironman zu trainieren. Mit Teigklumpen im Magen läuft es sich nunmal nicht so gut. Das Ding ist: Diese Überlegungen, sind Direktorinnenüberlegungen. Der Agent denkt Donnerstagsabends nur „geil, Pizza, lecker!“. Darum müssen wir den Agenten überlisten! Wie machen wir das? Na mit der „Anleitung zur Selbstüberlistung“!
Der Agent ist natürlich besonders schwach, wenn er Hunger hat. Bedeutet also, die Direktorin denkt am Samstag vorher beim Verfassen der Einkaufsliste schon mal dran „Ah, ich muss gucken, dass genug Magerquark und Haferflocken im Haus sind und ich schreibe dem Agenten mal direkt in den Kalender, dass er sich Donnerstag um 15 Uhr davon eine große Portion reinfährt“, weil genau dann, ist der Agent schon mal ziemlich vollgefuttert, wenn die Pizza geliefert wird.
Außerdem erzähle ich als Direktorin allen Menschen in meinem Umfeld, dass ich im Büro keine Pizza mehr esse. Dann fühlt sich der Agent unter Beobachtung. Ist nicht die positivste Konditionierung, aber funktioniert als Ergänzung sehr gut.
Prokrastination kann rational sein
Prokrastination hat irgendwie einen schlechten Ruf. Sagen wir ich habe in der nächsten Woche einen Hochschulvortrag und habe immer noch nicht damit begonnen ihn vorzubereiten. Mega undiszipliniert, oder?
Naja, ohne Vergleichswert, lässt sich das nicht beurteilen! Klar, wenn ich jetzt eigentlich den Hochschulvortrag vorbereiten könnte, stattdessen aber zwei Stunden Reels auf Instagram gucke, dann ist irgendwas falsch gelaufen, das ist klar!
Aber was mache ich jetzt, wenn nächsten Montag der Vortrag ansteht, ich wollte den Mittwochabend eigentlich vorbereiten und ein langjähriger Freund schreibt mir „Hey, ich bin nur heute in der Stadt, hast Du Lust was essen zu gehen?“.
Die rationale Lösung? Ich geh mit ihm essen! Absolut korrekt priorisiert. Warum das?
1) Ich hab wirklich auch am Donnerstag noch genug Zeit für die ausreichende Vorbereitung des Vortrags eingeplant
2) Ich mag meinen Kumpel
Der Autor Prof. Rieck unterrichtet in Frankfurt Spieltheorie und dieser Ansatz wird hier deutlich. Wenn ich mich einem solchen Thema rationaltheoretisch nähere, dann ist die Aufgabe meiner Selbstorganisation, dass ich mein Leben so plane, dass die Auszahlung maximal ist. Auszahlung muss dabei nicht zwingend in Euro sein, sondern sehe ich am ehesten als „Erfüllung der eigenen Werte“.
Das Wichtige ist zu erkennen, es gibt ja einen Zeitpunkt, wo ich wirklich sofort mit der Vorbereitung des Vortrags beginnen möchte, entweder weil der Vortrag in einer Stunde los geht, oder weil alle anderen Zeitslots bis dahin auch bereits mit Dingen wie Essen, Schlafen, Sport, Saufen, Katern belegt sind. Dann müsste ich meinem Kumpel tatsächlich absagen. Aber so lange ich noch genug Zeit habe, ist es rational betrachtet falsch, meinem Kumpel abzusagen.
Das Problem ist, wir sind uns der Auszahlungen häufig nicht bewusst. Wir liegen im Bett und gucken Tiktoks ohne dabei zu merken „Wenn ich jetzt noch einmal nach oben swipe, dann komme ich beim Ironman nicht ins Ziel“. Darum ist der letzte Diamant noch wichtig:
Schmerz sichtbar machen
Es gibt ihn ja, diesen Zeitpunkt zu dem Prokrastination plötzlich zum echten Problem wird. Es ist der Zeitpunkt zu dem ich mein Ziel nicht mehr in der gewünschten Qualität erreichen kann. Meistens ist es ja, wochenlang habe ich theoretisch noch mehr als genug Zeit um eine 100% Auszahlung (perfekt vorbereiteter Vortrag) zu bekommen. Diese Auszahlung verändert sich ja erst dann, wenn selbst unter absolute Fokus die ausreichende Vorbereitung nicht mehr möglich ist. Wir können uns dann beispielhaft wie in dieser Grafik vorstellen.

So lange ich noch links vom Einbruch bin, alles gut, ruhig andere Projekte vorziehen. Für mich selbst ist in der Selbstorganisation daher besonders wichtig, dass ich immer auch genau weiß, in welchem Lebensbereich ich nun die Auszahlung verringere, wenn ich noch länger auf Tiktok rumhänge. Der Agent muss quasi wissen „Wenn ich jetzt noch dreimal snooze, dann halte ich entweder einen scheiß Vortrag, oder ich verpasse meine Trainingseinheit oder ich komm heute Abend nicht rechtzeitig ins Bett“. Die Wissen gebe ich dem Agenten durch konsequentes Timeboxing im Kalender. Auch das Abendessen, auch die Hausarbeit, die Morgenroutine und die Zu-Bett-Geh-Zeit stehen im Kalender. Das macht den Agenten immer noch nicht besonders schlau, aber es hilft!
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